Was hat Spiritualität mit den Bienen zu tun?
Dort wo es auf der Welt Bienen gibt, haben sie schon früh in der Geschichte der Menschheit die Tore zu den Göttern geöffnet.
Mellonia – Göttin der Bienen, Hüterin der Süße des Lebens
Mellonia, auch bekannt unter dem Namen Melissa, gehört zu jenen uralten Göttinnen, deren ursprüngliches Wesen sich jeder eindeutigen Zuschreibung entzieht – nicht, weil es unklar wäre, sondern weil es sich über viele Kulturen, Sprachen und Zeiten hinweg immer wieder neu gezeigt hat. Ihr Name hat sich gewandelt, doch ihre Spur zieht sich wie ein goldener Faden durch unsere Geschichte. In Irland begegnet sie uns als Saint Gobnait – Gobnat, Mo Gobnat, Abigail oder Deborah –, eine mittelalterliche Heilige, die einen Bienenkorb bei sich trägt und in ihrer Nähe Kranke heilt. In Litauen ist sie Austėja, die die Bienen schützt und Fruchtbarkeit schenkt. In slawischen Ländern trägt sie den Namen Siva – und auch dort kennt man ihren leisen Flügelschlag.
Die Biene selbst ist um ein Vielfaches älter als unsere Erinnerung. In baltischem Bernstein finden sich fossile Exemplare, deren Alter auf rund 80 Millionen Jahre geschätzt wird – lange bevor es Menschen überhaupt gab, summten sie bereits durch urzeitliche Wälder. Und doch gibt es auch in unserer Geschichte eine sehr alte, sehr tiefe Verbindung. In Spanien, in den Felswänden der Höhle von La Araña, finden sich Zeichnungen aus der Zeit zwischen 8.000 und 12.000 v. Chr.: eine Gestalt klettert eine Leiter empor, um Honig aus einem Bienennest zu ernten – mit bloßen Händen. Es ist keine Geste des Raubes, sondern der Annäherung, der Bitte. Ein heiliger Akt, in Ocker auf Stein gemalt.
Etwa 7.000 Jahre ist es her, dass Menschen begannen, mit den Bienen strukturiert zusammen zu leben – in Zentralanatolien, dem Gebiet des heutigen Südostens der Türkei. Tonzylinder mit Spuren von Wachs, Honig und toten Bienen wurden dort gefunden, fein gearbeitet und sorgfältig verschlossen. In Ägypten, zur Zeit der ersten Dynastien um 3.000 v. Chr., war die Biene nicht nur ein Nutztier, sondern ein königliches Symbol: sie stand für Unterägypten und wurde in Hieroglyphen gleich dem Pharao gesetzt. Ihre Tränen, so glaubte man, seien aus dem Auge des Sonnengottes Ra gefallen – und wo sie die Erde berührten, entstanden Bienen. Das süße Gold, das sie brachten, war nicht bloß Nahrung, sondern Licht in fester Form.
Der Honig – oder vielmehr: das, was durch die Biene zu Honig wird – hat in allen alten Kulturen eine zentrale Rolle gespielt. Er war Opfergabe, Heilmittel, Zahlungsmittel und spirituelle Substanz. In Sumer reicht der Götterbote Isimud dem Menschen Enki acht heilige Pflanzen – darunter ein „Honiggewächs“. In Babylonien opferte man den Göttern einen Brei aus Honig, Mehl und Datteln. Assyrische Herrscher ließ man mit Honig einbalsamieren – damit ihre Körper nicht vergingen, sondern weiter in der Süße ruhten.
Auch in Indien begegnet uns diese Vorstellung: Göttin Bhramari – ein Aspekt der Parvati – sendet Bienenschwärme aus ihren Gliedern, um Dämonen zu vertreiben. Der Gott Krishna wird mit der Biene in Verbindung gebracht, und es heißt, dass die Seele im Tod den Körper als Biene verlässt. Das Summen der Bienen – so heißt es in der hinduistischen Kosmologie – ist der Urklang des Universums. Wer einmal an einem Sommertag unter einem alten Lindenbaum liegt, umschwirrt von Hunderten von Bienen, der weiß, was gemeint ist. Es ist ein Singen, das einen davonträgt. Die Vibration des Wyrd.
Auch in Griechenland war die Biene ein heiliges Wesen. Die Göttin Demeter nennt sie ihr Tier, die Priesterinnen der Artemis wurden Melissae genannt – die Bienen. Aristaeus, ein Sohn Apollons, galt als göttlicher Imker. Honig war Teil der Totenrituale und wurde als Speise der Unsterblichen betrachtet – Ambrosia, der Nektar, die Essenz des Unsterblichkeits-Trunkes der olympischen Götter. Das Wort „Melissa“ selbst bedeutet im Altgriechischen Honigbiene. Und die Pflanze Melisse – das „Bienenkraut“ – trägt diesen Namen nicht ohne Grund. Auch sprachlich hat Mellonia überall ihre Spuren hinterlassen: Die Römer ehrten Mellonia als Göttin der Bienen und des Honigs, und selbst im botanischen Latein lebt ihr Name fort: Apis mellifera, die „Honigtragende Biene“. Faszinierend ist auch, dass in römischer Zeit der Name des ägyptischen Gottes Horus als „Apis“ überliefert wurde – eine jener tiefen, vielsagenden Verschiebungen, bei denen Symbol und Wesen ineinander gleiten.
Von der Weltenesche Yggdrasil – so erzählt die nordische Überlieferung – tropft süßer Honigtau auf die Welt. Eine Gabe der Götter, über die niemand gebietet. Und der Trunk der Götter, mit denen sie bis heute geehrt und gefeiert werden besteht aus Honig: der Met. In einem fränkischen Königsgrab fand man 300 goldene Bienen – kein Schmuck, sondern Zeichen: vielleicht für Seelengeleit, vielleicht für eine Abstammung, die bis in die Zeit der göttlichen Ordnung zurückreicht. Und noch heute erzählt man sich im Baltikum, dass die Seele im Schlaf den Körper als Biene verlässt, um zu reisen.
Mellonia schenkt dem Leben Süße – nicht als bloße Zutat, sondern als Wesenheit. Als Bienengöttin steht sie für Ordnung, Gemeinschaft und Fürsorge. Ihre Völker sind nicht Hierarchien, sondern lebendige Systeme. In alten matriarchalen Kulturen galt: In der Nähe der Bienen durfte nicht gekämpft werden. Sie bewahrten den Frieden durch ihre bloße Gegenwart. Vielleicht, weil sie uns erinnern, was es heißt, in Beziehung zu leben. Vielleicht, weil sie uns zeigen, dass das Heilige nicht jenseits, sondern mitten unter uns summt – verborgen in kleinen Körpern mit goldenen Streifen.
Zu guter Letzt sei noch erwähnt, dass die Göttin in den Tiefen ihres allweltlichen Bienenstocks - gut bewacht von ihrem Schwarm - unsere Beziehungsräume hütet. Sie
ist nicht nur Hüterin der Süße, sondern auch der Ordnung im Miteinander. Wer sich immer wieder in denselben Schleifen von Liebesenttäuschung wiederfindet oder sich unerklärlich allein fühlt,
der:dem sei ans Herz gelegt, sich an die Göttin zu wenden – und in diesem heiligen Raum für Klärung und Neuausrichtung zu sorgen. Wer in dieser Art Arbeit nicht bewandert ist, kann sich auch
gerne an mich wenden, ich begleite Dich gerne.