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Winternacht / Vetrnóttablót

Was wir feiern … Winternacht

 

 

 

 

 

altnordisch: Vetrnóttablót, angelsächsischen:Winterfylleth, keltisch zur gleichen Zeit im Jahreslauf: Samhain, der Eintritt in die Winterzeit.

 

 

 

Die Winternacht - nicht zu verwechseln mit der Weihnacht - ist ein Mondfest und wird, je nach Region zwischen Mitte Oktober und Ende November gefeiert. Die Skandinavier feiern um den 15.10. herum den Forsta Vinterdag, die Isländer feiern ihr Leiðarþing auf einen Oktobersonntag, der zwischen dem 21.10. und 26.10. liegt und in unseren Breiten feiern wir neuheidnisch entweder zum ersten Oktobervollmond (dieses Jahr am 20.10.2021) oder – wenn wir das keltische Samhain meinen – zum Neumond im Oktober (dieses Jahr war das bereits am 06.10.2021).

 

 

 

Und es ist genauso richtig, die Feste fix in der Nacht vom 31.10. auf den 01.11. zu feiern. Denn ohnehin bilden diese Feste den Höhepunkt einer Festzeit von zumeist 12 Tagen. Wirklich wichtig ist die Zeitqualität – wann fühlt es sich für Dich, da wo Du lebst, nach Winternacht resp. Samhain an? Auch wenn ich bisher im Jahr die tradierten Festtage nur wenig überein bekam mit der jeweiligen Zeitqualität: den Winter kann ich tatsächlich schon fühlen.

 

 

 

Die Spinnerinnen werfen ihre Netze über die Wiesen, die im Morgennebel wie Perlenketten glitzern. Die Birkenkönigin in meinem Garten legt gerade ihr Gold an, die letzten Wildgänsen sammeln sich auf den Waldseen, ich höre die Rufe der Kraniche bei Sonnenaufgang, der Frost lässt die Morgenluft kalt in meinen Lungen brennen und die letzten Äpfel, reif und schwer, habe ich vom Baum genommen. Es tanzen nur noch vereinzelte Schmetterlinge über den letzten Blüten, die Hummeln liegen im letzten Schlaf auf den Wegen. Die Energie des Gartens verliert ihre Farben und sinkt in die Erde, die letzten Gemüse wollen fortgetragen werden, die Beete wollen ruhen. Und ich fühle es: Wo im Sommer Lieder und Worte willkommen waren, wird nun Stille gewünscht, ein Wispern hier und da, eine zarte Berührung. Es sind Abschiede, die wir uns zuflüstern. Und das Versprechen, einander wiederzusehen im nächsten Jahr: „Ich bin da. Ich wache über Euren Schlaf.“ Die Stille kommt. Es wird bald Zeit, hineinzugehen. Letzte Arbeiten stehen an: Ich türme Stroh, Äste und Rasenschnitt zu Winterquartieren, räume die Futterstellen hinaus und nehme alten Bäumen und winterschlafenden Buschen ihre Last, das Werkzeug wird gereinigt und verstaut, die Erdkeller gefüllt und verschlossen.

 

 

 

Die Winternacht kennzeichnet im nordischen Jahreskreis den Winterbeginn. Die Ernte ist eingefahren, wir müssen sie jetzt aber noch verarbeiten und haltbar machen für die kalte Zeit. Es gilt weitreichende Entscheidungen zu treffen, was bleibt und was gehen muss .. so heißt der November denn auch 'Blutmond', weil alle überzähligen Tiere, die unsere Ahn:innen nicht durch den Winter bringen konnten, geschlachtet wurden. Und was jetzt noch an Früchten und Kräutern draußen zu finden ist, das gehört nach dem Fest nur noch den Naturgeistern und ist ab da tabu, es ist „puk“.

 

 

 

Lassen wir uns auf die Energie dieser Zeit ein, spüren wir das Ausatmen der Göttin, der Mutter Erde, die sich darauf vorbereitet, bis zum Frühjahrsfest, dem Disablót (unsere keltischen Verwandten feiern um diese Zeit dann Imbolc) zu ruhen und Kraft zu schöpfen. Die Zugvögel verlassen unsere Breitengrade und viele unserer Tiervettern ziehen sich mehr und mehr in ihre Winterbaue zurück; das Land verliert in einem letzten Rausch seine Farben, es wird kalt und grau um uns herum. Es tut unserer Seele gut, wenn wir zusammen mit dem Land und ihren Geistern zur Ruhe kommen und unseren winterlichen Rhythmus finden. All die Bücher, die wir dieses Jahr eigentlich lesen wollten, all die Holzarbeiten und Basteleien, die liegen geblieben sind, die Bilder, die gemalt werden wollen, die Geschichten, die erzählt und aufgeschrieben werden sollen – jetzt kommt ihre Zeit. Und lang soll sie diesmal sein und kalt. Sehr kalt. Noch ist Zeit, Dich mit allem nötigen einzudecken.

 

 

 

Die Feier des Samhain hat in verschiedenster Gestaltung als Feier zu Ehre der Toten überlebt. In Schottland, Irland und Wales, sowie im gesamten keltischen Siedlungsraum, fand das "Féile na Marbh" ("Feier der Toten") an Samhain statt. Im Zuge der Christianisierung wurde das Fest zu Allerheiligen am 1. November, gefolgt von Allerseelen am 2. November. Dementsprechend wurde der 31. Oktober zum Vorabend von Allerheiligen ("All Hallow's Eve") und die Überbleibsel des ursprünglichen Festes verwandelten sich in das moderne weltliche Fest Halloween. Gemeinsam ist das Wissen darum, dass in dieser Nacht die Seelen unsere Ahn:innen und derer, die noch nicht geboren sind, auf Erden wandeln, um uns zu besuchen. Wir stellen Lichter in die Fenster um ihnen den Weg nach Hause zu leuchten und wir legen an festlichen Tafeln für sie Gedecke auf, um gemeinsam mit ihnen zu speisen und zu feiern. Gleichzeitig sorgen wir mit grässlich-gruseligen Wächtern (geschnitzt aus Rüben und amerikanisch modern: Kürbissen) dafür, dass die [wegen der offenen Tore zwischen den Welten] ebenfalls umherziehenden Horden von Quälgeistern und Störenfrieden abgeschreckt werden und unser Heim nicht betreten können.

 

 

 

Das nordische Fest zur Winternacht entspricht nicht 1:1 dem keltischen Samhain, die Gemeinschaft mit den Ahn:innen feiern wir mit den Festtagen der Julzeit. Aber auch beim Vetrnóttablót ist der Tod Thema:: einerseits symbolisiert durch die Ernte, die wir eingeholt haben und das Vieh, das wir schlachten werden. Andererseits durch das Ahnengedenken - wir würdigen dabei all unseren Ahn:innen :: die des Landes, die des Blutes und die des Geistes. Besonders ehren wir diejenigen, die uns in diesem Jahr vorausgegangen sind in die Anderswelten. Die dritte Begegnung mit dem Tod liegt im Abschied vom Sommer selbst, im Sterben der Natur um uns herum und in der Frage, was in uns sterben muss, damit wir Frieden und Ruhe finden und selbst neue Kraft für ein neues Jahr schöpfen können.

 

 

 

Falls Du Gött:innen zu Deinem Winternachtsfest anrufen möchtest, dann könnten das gut Freyr, Odin und Ullr und/oder Sif, Hel und Skadi sein .. zum Dank für die Ernte, aus Respekt vor dem Tod und zur Begrüßung des Winters.

 

 

 

Ich wünsche Dir und mir und all unseren Lieben, wo auch immer sie jetzt sein mögen, eine gesegnete Winternacht, ein berührendes Samhain.

 

 

 

All Deine guten Götter mit Dir!

 

Urs Grágás Bärenkräfte Barth