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Mittsommer / Sommersonnenwende

Was wir feiern :: Mittsommer. Sommersonnenwende.

 

Die astronomische Sommer-Sonnen-Wende ist dieses Jahr am Montag, 21. Juni 2021, genau um 05:32 Uhr MESZ.

 

Mittsommer ist der längste Tag und die kürzeste Nacht des Jahreslaufes, die Sonne ist auf der Höhe ihrer Macht (auch astronomisch: heute erreicht sie ihren höchsten Punkt über dem Horizont) und endlich beginnt der Hoch-Sommer, die heißesten Tage liegen noch vor uns mit ihren lauen süßen Nächten voller Sinnlichkeit.

 

„Sonnen-Wende“ heißt das Fest, weil die Tage ab dem folgenden Morgen wieder kürzer werden, da die Sonne sich (von der Erde aus gesehen) von ihrer höchsten Mittagsposition abzuwenden beginnt. In vielen Kulturen wird die Geschichte eines Sonnengottes oder Lichtträgers erzählt, der auf dem Höhepunkt seiner Macht - also zu Mittsommer - zu Tode kommt und in die Unterwelt gehen muss, um zur Wintersonnenwende am 21. Dezember wiedergeboren zu werden. Dieses Vergehen und Werden ist ein notwendiger Teil des Jahreslaufes, weil eine unablässig immer strahlender werdende Sonne der Untergang für uns und unseren Planeten wäre. Ein tödlich-spannendes Phänomen, dass die Astrophysik übrigens für in etwa 6 Milliarden Jahren voraussagt.

 

In unserer nordischen Mythologie ist dieser strahlende Gott Balder, ein Sohn der Frigg und des Odin, der auf tragische Weise durch die Hand seines Bruder Hödur fällt und nach Helheim gehen muss. Seine Ehefrau Nanna kann seinen Tod nicht verwinden und folgt ihm. Im Unterschied zu den meisten anderen indoeuropäischen Überlieferungen wird Balder aber nicht jedes Jahr zu Mittwinter wiedergeboren, sondern bleibt in Helheim und wird erst zu Ragnarök zurückkehren, um ein neues Zeitalter einzuläuten.

 

Der Festtag, den wir heute feiern, wird von unseren keltischen Geschwistern neo-druidisch Litha, Summer Solstice, Alban Heruin und Eichenfest genannt; der Eichenkönig, Herrscher der lichten Jahreshälfte, ist heute auf dem Höhepunkt seiner Macht. Durch kalendarische Verschiebungen verrutschte die christliche Version des Festes, geweiht dem Heiligen Johannes dem Täufer, vom 21. auf den 24. Juni. So kennen dieses Fest heute viele als Johanni oder Johannestag. Wie meist hat die Kirche ihren Feiertag mit dem reichen vorchristlichen Brauchtum verwoben. Besonders in Skandinavien und im Baltikum sind die Festtagsbräuche noch lebendig, am bekanntesten sind vielleicht das schwedische Midsommar und die weißen Nächten von St. Petersburg.

 

Tatsächlich sind die Sonnwendtage in der indoeuropäischen Tradition wohl schon lange von hoher Relevanz. Auf der Himmelsscheibe von Nebra, die etwa 1600 v.d.Z. in der Bronzezeit entstand, finden sich Bezüge zu den kürzesten und längsten Tagen des Jahres. Und in Goseck (Sachsen-Anhalt) kann man an kreisförmigen Bodenbauwerken sehen, dass bereits in der Jungsteinzeit (ca. 4800 v.d.Z.) die Sonnenwendtage von großer Bedeutung waren – zwei der drei Tore sind auf diese Tage ausgerichtet. Stonehenge, das nach neusten Forschungsergebnissen noch älter ist, als die großen Pyramiden in Ägypten, weist mit seinen Steintoren im Zentrum der Anlage auf den Sonnenaufgang am Mittsommertag.

 

Je weiter nach Norden wir schauen, desto ausgelassener und bisweilen exzessiver wird die Sonnenwende gefeiert .. wo es lange Dunkel ist, ist der gute Kontakt zur Sonne - zur Göttin Sunna/Sol – umso wichtiger. In den nördlichsten Gefilden kann man gar beobachten, dass die Sonne an diesem Tag und den Tagen um die Sonnenwende herum überhaupt nicht untergeht. Da macht es Sinn, dass auch der Mittsommer, das Miðsumarsblót oder auch Þingblót unsere Ahn*innen ursprünglich der Höhepunkt einer längeren Festzeit war.

 

Mittsommer ist auf der Nordhalbkugel die Zeit der sich ankündigenden Fülle ... alles, was wir gesät haben wächst, das Korn ebenso wie die Gemüse und Kräuter, die Beeren, an den Bäumen zeigen sich die Früchte, im Tierreich tummelt sich der Nachwuchs ... das Leben pulsiert um uns herum, strebt dem Höhepunkt zu. Mit diesem Fest tauchen wir mit allen Sinnen bewusst ins Hier und Jetzt ein, feiern den Kreislauf des Lebens: Alles was aufstrebt, wird auch wieder sinken, sei es die Sonne, die Kraft, unser eigenes Leben .. aufstreben, sinken und erneut erstehen! Bei vielen heidnischen Festgemeinschaften ist das Blót nicht nur der Sunna oder Balder gewidmet, sondern immer auch einem göttlichen Paar, das für Fruchtbarkeit und Reichtum steht. Für mich sind das zu Mittsommer Freyja und Freyr.

 

Mancherorts haben sich noch wunderbare Rituale erhalten. So wird zum Beispiel in Tirol auf manchen Berghöfen noch das „Füttern der Elemente“ zur Sommersonnenwende praktiziert .. vom Festessen wird ein Teil in den nächstgelegenen Bach gegeben, ein Teil ins Feuer, ein Teil in der Erde vergraben und etwas Mehl wird in die Luft gestreut, so dass es der Wind davonträgt. Auch Blumenopfer gehören zum Ritus: In Skandinavien werden Blumengeschmückte Majstangen aufgestellt, um die getanzt wird und die Menschen tragen Blumenkränze auf dem Kopf. In unseren Breitengraden wurden Kränze aus Margeriten geflochten, die zum Schutz vor Gewitter und Blitzschlag an die Haus- und Hoftüren gehängt wurden. Lecker ist der Brauch, an diesem Abend Küchel von dreierlei, siebenerlei, ja sogar neunerlei "Fülle" zu backen, also Brennessel-, Salbei-, Holderküchel usw.. Mein Eindruck ist: Je größer der Unterschied zwischen dem harten Winter und dem warmen Sommer, desto intensiver und aufwendiger wurde und wird dieser Tag gefeiert.

 

Der für mich schönste Sonnwendbrauch ist wohl das Entzünden der Feuer, den sogenannten Sunnawend- oder Suwendfeuern, der Sonne zur Ehre und als Versprechen, sie in der kommenden Zeit nicht zu vergessen. Die Feuer werden meist auf Berghängen oder anderen höher gelegenen Plätzen, im Norden auch auf Flößen auf dem Wasser, entzündet. Meist brennen sie die ganze Nacht hindurch, werden im Sonnenlauf umtanzt, mit Blüten, Kräutern, Hölzern, Gewürzen und Früchten gefüttert und verliebte Paare springen gemeinsam über die Flammen, zum Segen für ihre Verbindung, als Versprechen und um Reichtum einzuladen. Alleine zu springen (oder zu steigen, wir werden alle nicht jünger!) reinigt uns vom Ballast des Vergangenen und öffnet uns ebenfalls für die Fülle, für Gesundheit und Reichtum. Viele Tänzer*innen binden sich Sonnenwendgürtel aus Johanneskraut und/oder Beifuß um, während sie der Sonne und dem Leben huldigen, sie sollen schützen und heilen und die Liebes- und Lebenskraft befeuern.

 

Für die einen geht es darum, wie hoch die Flamme brennt, andere bewerten, wie rauchig es ist (räuchern im ganz großen Stil!), um auf die Beschaffenheit der dunklen Jahreshälfte, die nun beginnt, zu schließen. Derweil kann alles Alte, Unbrauchbare, lebenskraftbehindernde symbolisch ins Feuer geworfen werden - auf einen Zettel geschrieben, gemalt, in einen Blumenstrauß gebunden, gesungen, getanzt und gestampft. Auch Zauberdinge, Gerätschaften und Sygillen, die ihren Dienst getan haben, sind in den Sonnenwendfeuern gut an die Mächte zurück zu geben.

 

In der Mittsommernacht können wir vorübergehend übernatürliche Kräfte erlangen, so daß es uns gelingt, die Zukunft zu sehen oder in verborgene Klüfte der Erde zu schauen. Unsere Altvorderen wussten, daß in dieser Nacht "die Schätze blühen" und sich in dieser heiligen Nacht durch ein blaues Feuer bemerkbar machen.

 

Bemerkbar machen sich auch die Feen, Elfen und Gnome, die Hinze, Kunze und alles magische Volk im Diesseits und Jenseits. William Shakespeare wurde von der Stimmung dieses Tages zu seinem »Mittsommernachtstraum« inspiriert. Wer mit dem geheimen Volk, dem schönen Volk feiern will, der tut dies auf eigene Gefahr .. Wunder können geschehen, aber auch Jahre und Jahrzehnte wie im Flug vergehen. In einigen Gegenden schützt man sich daher für den Fall eines zufälligen Kontaktes, indem man die Bekleidung mit der Innenseite nach außen gewendet trägt. Um die freundschaftlichen und die nachbarschaftlichen Beziehungen mit den Guten Geistern zu pflegen ist heute eine schöne Gelegenheit, indem wir ihnen besondere Dankes- und Opfergaben bereitstellen .. ihr Anteil an unseren Festtagsspeisen, Blumen und süßer Alkohol sind gerne gesehen.

 

Zu Mittsommer werden traditionell die magischen Kräuter zur Zubereitung von Heil-, Liebes- und Zaubertränken geerntet. In den Jahrtausenden des Umgangs mit Kräutern hat sich erwiesen, daß sich die Eigenschaften vieler Pflanzen in diese heiligen Tagen maximal entfalten. Vor allem dem zu Mittsommer geernteten Johanniskraut wird besondere Heilkraft zugeschrieben. Es bringt Glück und hält böse Geister und ungebetene Gäste fern, jetzt einen Kranz aus Sommerblumen zu binden, mit dem man die Haustür schmückt. Neun-Kräuterbuschen werden gebunden, um damit Haus und Stall und seine Bewohner vor Krankheit und Unglück zu bewahren; sie werden auch auf die Dächer geworfen, um gegen Blitzschlag zu schützen (besonders tut sich da wieder die Donnerpflanze Johanneskraut hervor) und nebenbei sind sie natürlich eine hervorragende Hausapotheke! Wenn man sich Sporen des Farns über den Körper streut, soll man sogar unsichtbar werden.

 

Viele Bauern im Süden stecken bis heute zu Mittsommer Arnika rund um ihre Felder, um diese vor Dämonen zu schützen.

 

Meine bevorzugte Variante des Kräuterbuschens:

Johanniskraut (Hypericum)

Beifuß (Artemisia)

Eisenkraut (Verbena offcinalis)

Schafgarbe (Achillea millefolium)

Königskerze (Verbascum)

Wegwarte (Cichorium intybus)

Blutwurz (Tormentill)

Honigklee (Melilotus officinalis)

Rainfarn (Chrysanthemum vulgare)

 

Wie, was und wen Du auch immer feierst:

Ich wünsche Dir eine erfüllende Reise durch Tag&Nacht.

Alle guten Geister mit Dir!

Wir sehen uns an den Feuern!

Dein Urs Bärenkräfte