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Walpurgis, Maifest

Was wir feiern ... Hohe Maien, das Maifest, Beltane, Walpurgisnacht

 

Nach moderner germanisch-nordischer Tradition, auf dem Mondlauf basierend, wird zum 5. Vollmond nach Jul oder am 2. Vollmond nach dem vorausgegangenen Sonnenfest (in diesem Fall das Frühjahrs-Equinox) das Maifest gefeiert, dieses Jahr also am 27.04.2021. Kalendarisch kennen wir das Fest in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai : das keltische Beltaine und unsere Walpurgisnacht.

 

Das Maifest, der hohe Maien, ist Beginn des lichten Halbjahres und in heidnischen Zeiten noch der Beginn des neuen (Halb-) Jahres. Nach der Zeit der winterlichen Stagnation, nach dem Sinnen und Grübeln, den theoretischen Vorbereitung, den geistig-energetischen Absichtserklärungen und der Planung kommt nun die Zeit des Tuns, des aktiven Ausbringens, des weltlichen Säens und Pflanzens. Wir kehren endlich ganz zurück in die stoffliche Welt, in unsere lebhaft-lebendige Körperlichkeit. Die Festtage rund um den Maien rufen nach unserer mensch-tierlichen Natur, rühren an Instinkte und Bedürfnisse, die wir lange „zivilisiert“ oder gar vergessen glauben. Nicht mehr der liebliche Herr Lenz regiert hier, sondern die rauschigen Götter und Geister, die zu Walpurgis auf dem Blocksberg tanzen werden.

 

Das ist es auch, was gerade zusätzlich zum Alltag mit Corona an uns zieht und zerrt. Viele Menschen berichten, dass sie sich gerade jetzt, zu Beginn des Festzeitraumes, von chaotischen Impulsen mehr erschöpft als bestärkt fühlen und dass sie lieber in den Rückzug gehen möchten, als sich ins Leben zu stürzen. Wir geraten in einen Widerstreit der Impulse und das kostet Kraft. Oberste Priorität hat in unserer geordneten Kultur unser Alltag, unsere Verpflichtungen, die Dinge, in die wir uns eingebunden haben: Job, Familie, Haus und Hof und vielleicht soziales oder politisches Engagement oder Hobbys. Die Covid-Situation macht uns schon das nicht gerade leicht. Wir fühlen uns mehr als ausgelastet damit, unser modernes Leben auf die Reihe zu bekommen. Und jetzt brechen kosmischen Kräfte des Umbruchs und des Aufbruchs in diese scheinbar so festgefügte Realität ein, für die wir keinen Raum mehr vorgesehen haben. Und es ist so unsagbar schwer, sich beständig gegen den Strom zu stemmen. Kein Wunder also, dass die Frühjahrsmüdigkeit umgeht und die Aggressionen der Pandemiezeit ein neues Hoch erreichen.

 

Die Energien, die bisher jede für sich im Jahreslauf wirkten kommen nun zusammen und werden von wirkenden Kräften zu einer bezwingenden Macht. Um nichts weniger geht es, als um gemeinsam die Zukunft zu schaffen - für manche personifiziert in Gott und Göttin, für manche im weiblichen und männlichen Prinzip, für andere in der Urkraft, die beides in sich trägt, die sich entfalten, entwickeln, die wachsen und sich mehren will in allen erdenklichen Formen und Spielarten und in allen Bereichen - ob Liebesbeziehungen, sexuellen Begegnungen, beruflichen oder projektbezogenen Verbindungen - es geht darum, sich JETZT GANZ und mit allen Sinnen, mit allem, was wir SIND auf das Leben einzulassen, sich zu entscheiden und zu TUN, unverbindliche Verbindlichkeiten einzugehen, weil das echte Leben sonst an uns vorbeizieht. Der Mai ist es, der uns Würze und Feuer schenkt, der unsere Sinne und Liebesleiber wieder erweckt und der uns, buchstäblich, nach dem Winter wieder für das Leben erwärmt.

 

Unsere Maifesttraditionen haben sich als „Tanz in den Mai“ oft verbunden mit einem Maifeuer vom 30.04. auf den 01.05. in einigen Regionen Deutschlands und Europas erhalten. In Finnland heißt das fest Vappu, in Schweden Valborg, in Frankreich werden traditionell Maiglöckchen verschenkt. Es wird vor dem Maifeiertag ein Baum, der Maibaum oder auch Walperbaum („Walper“ als volkstümliche Bezeichnung für den Walpurgistag), in der Dorfmitte oder in Städten vor dem Rathaus aufgestellt. Bunt geschmückt mit farbigen Bändern oder Bemalungen und gekrönt von einem Blumenkranz, wird der Baum idR in einer feierlichen Prozession mit Musik und Gesang zu seinem Aufstellungsort getragen. Mancherorts wird ein Tanzboden um den Baum erstellt, auf dem gemeinsam in den Mai getanzt wird. Zum Maitanz gehört oft noch die Wahl einer Maikönigin, manchmal ist es das hübscheste Mädchen des Ortes, manchmal die beste oder ausdauerndste Tänzerin und oft die Tochter eines der Honoratioren der Gemeinde. Es lässt sich leicht eine Linie zu Zeiten denken, in denen eine Stellvertreterin der Göttin unter den jungen Frauen einer Gemeinschaft ausgewählt wurde, um bei dem so wichtigen Fruchtbarkeitsfest Segen auf das Land zurufen. Folgerichtig gibt es auch einen Maikönig. In früheren Zeiten soll die Maikönigin sich diesen Gefährten gewählt haben, in dem sie besonders oft und besonders wild mit ihm tanzte. Gibt es heute noch den Brauch der Maikönigin, dann ist es meist so, dass sie nach ihrer Krönung unter dem Maibaum versteigert wird und der Meistbietende dann Maikönig wird. Was dagegen bis heute viel mehr die Vorstellung an alte Fruchtbarkeitsriten und Rituale wie das Handfasting (Ehe für ein Jahr und einen Tag) weckt ist die Tradition, nicht nur eine Maikönigin, sondern alle unverheirateten jungen Frauen eines Ortes als ‚Maibräute / Maidamen‘ an die ‚Maijungen‘ zu versteigern (vielleicht ehedem zu losen? Wie bei den Lupercalia?) – wobei sich heute daraus selbstverständlich kein Recht auf irgendwelche Intimitäten ableitet. Die ‚Paare‘ schmücken lediglich gemeinsam den Maibaum. Verliebte Paare, egal welchen Alters, springen gemeinsam über das Maifeuer, um ihre Verbundenheit zu bekräftigen und sich mit dem Feuer des Gottes zu verbinden.

 

In älteren Quellen findet sich die Beschreibung, dass der Mai, sprich der Sommer / das lichte Halbjahr nicht nur willkommen geheißen wurde, sondern richtiggehend gesucht wurde. Die Maifeierlichkeiten waren nicht auf einen bestimmten Tag festgelegt, sondern es hieß „Ich hân den Sumer vunden!“ wenn ein Mitglied des Dorfes das erste Veilchen oder die erste Schwalbe oder den ersten Maikäfer (regional verschieden) fand. War es eine Sommerblume, dann wurde die an einen Stecken gebunden und feierlich, unter Gesängen, zu jedem Haus im Ort getragen und alle Haushalte gaben für den Sommer und die Finder:innen gute Gaben. Heute findet sich auch noch die Tradition des Maisingens oder Heischesingens, zu dem Gruppen von jungen Frauen oder jungen Männern singend durch die Gemeinde ziehen und Gaben erbitten. In manchen Regionen wurde daraus das Pfingstsingen, was aber an dem Brauch nichts änderte.

 

Nochmal zurück zum Maibaum. Neben dem großen Baum findet sich auch der Brauch der Maien: das sind kleine Bäumchen, meist junge Birken, schön geschmückt in bunten Farben und mit einer Widmung versehen, die heimlich bei Nacht in den Vorgarten des Hauses gestellt werden, in dem die Freundin oder Angebetete wohnt. Und wieder sind wir bei der Göttin, denn die Birke ist ihr Baum, Berkana, der Baum des Neubeginns.

 

Für meine keltischen Geschwister ist Lá Bealtaine der Polterabend der göttlichen Hochzeit. Belisama, die Blumengöttin (in die sich Brigidh in dieser Nacht verwandelt), vereint sich in wilder Lust mit ihrem strahlenden Liebhaber, der sein Bärenfell abgelegt hat und zu Belenos, dem Lichtgott wird. Damit beginnt auch hier die warme, die lichte Jahreshälfte. Wir feiern mit den Gottheiten das Wiedererwachen der Natur, das Steigen der Säfte in allem, was lebt, die Aufbruchstimmung nach dem langen Winter.

 

Das Feuerfest Beltane steht außerhalb der Zeit, es ist eine Nacht, in der die Schleier zwischen den Welten wieder besonders dünn und durchlässig sind – eine Zeit der Wahrsagungen, eine Nacht für Prophezeiungen und noch mehr eine Nacht der lustvollen Begegnungen. In unserer Welt und in der Anderswelt.

 

Die Naturgeister tanzen, die Feenkönigin zieht mit ihrem Gefolge über die Erde und alle Zaubervölker schwärmen jubelnd aus. Hexenvolk und zauberisch begabte Menschen gesellen sich zum Flug. Mitnichten treffen sie sich in der Walpurgisnacht auf dem Blocksberg mit dem christlichen Teufel - vielmehr tanzen und feiern wir ekstatisch unter dem Segen der Großen Göttin mit dem göttlichen Pan, mit Hern, dem gehörnten Gott, mit Freyr, dem wilden Herrn der Wälder, des Lebens und der freudvollen Sexualität. Wer dort mitfeiern will tut gut daran, sich einen Hexenbesen zu beschaffen, denn nur damit oder mit einem Wagen, der von Enten gezogen wird oder auf einem fliegenden Schwein darf man dort anreisen. Und nie vergessen, wo er geparkt ist! Es ist ein sehr langer und sehr beschwerlicher Weg zurück, wenn der Besen verloren geht.

 

Ein letzter Hinweis: Zu Walpurgis sollten die Schutzgeister und Zauberwesen des Hauses besonders geehrt und mit einem Speiseopfer bedacht werden. Ganz wichtig ist es, in dieser Nacht ein Fenster oder eine Tür offen zu lassen, damit die guten Geister nach ihrem Tanz auch wieder zurückkehren können!

 

Lasst Euch für das Leben erwärmen und tragt den Zauber weiter!

Ich wünsche Dir und Deinen Lieben einen Wunder-vollen Tanz!

Wir sehen uns an den Feuern.

 

von Herz zu Herz

Dein Urs