Was wir feiern … Winternacht
altnordisch: Vetrnóttablót, angelsächsischen: Winterfylleth, keltisch zur gleichen Zeit im Jahreslauf: Samhain
Die Winternacht - nicht zu verwechseln mit der Weihnacht - ist ein Mondfest und wird, je nach Region zwischen Mitte Oktober und Ende November gefeiert.
Die Skandinavier feiern um den 15.10. herum, die Isländer feiern auf einen Oktobersonntag, der zwischen dem 21.10. und 26.10. liegt. In unseren Breiten feiern wir neuheidnisch entweder zum ersten Oktobervollmond (dieses Jahr war das bereits am 01.10.2020) oder – wenn wir das keltische Samhain meinen – zum Neumond im Oktober (dieses Jahr ist das am 16.10.20).
Die Skandinavier feiern um den 15.10. herum, die Isländer feiern auf einen Oktobersonntag, der zwischen dem 21.10. und 26.10. liegt. In unseren Breiten feiern wir neuheidnisch entweder zum ersten Oktobervollmond (dieses Jahr war das bereits am 01.10.2020) oder – wenn wir das keltische Samhain meinen – zum Neumond im Oktober (dieses Jahr ist das am 16.10.20).
Und es ist genauso richtig, die Feste fix in der Nacht vom 31.10. auf den 01.11. zu feiern (was 2020 übrigens wieder ein Vollmond ist). Denn ohnehin bilden diese Feste den
Höhepunkt einer Festzeit von zumeist 12 Tagen. Wirklich wichtig ist die Zeitqualität – wann fühlt es sich für Dich, da wo Du lebst, nach Winternacht resp. Samhain an? Ich habe
das bereits bei den Sommerfesten geschrieben und es zeigt sich mir auch zum Herbst und Winterbeginn: Für mich sind die Festtage ‚verschoben‘ und die Zeitqualität stimmt mit
festen Daten und Mondphasen immer weniger überein.
Erst so langsam beginne ich den Wandel zu sehen. Die Spinnerinnen werfen ihre Netze über die Wiesen, die im Morgennebel wie Perlenketten glitzern. Die Birkenkönigin in meinem
Garten legt gerade ihr Gold an, die ersten Scharen von Wildgänsen sammeln sich auf den Waldseen, ich höre die Rufe der Kraniche, rieche den kommen Frost in der Morgenluft und
die letzten Äpfel hängen reif und schwer an den Bäumen. Es tanzen kaum noch Schmetterlinge über den letzten Blüten, die Hummeln werden langsamer und langsamer und viele wachen
aus ihren Pausenschläfchen nicht mehr auf. Die Energie des Gartens verliert ihre Farben und sinkt in die Erde, die letzten Gemüse wollen fortgetragen werden, die Beete wollen
ruhen. Und ich fühle es: Wo im Sommer Lieder und Worte willkommen waren, wird nun Stille gewünscht, ein Wispern hier und da, eine zarte Berührung. Es sind Abschiede, die wir
uns zuflüstern. Und das Versprechen, einander wiederzusehen im nächsten Jahr: „Ich bin da. Ich wache über Euren Schlaf.“ Die Stille kommt. Es wird bald Zeit,
hineinzugehen.
Die Winternacht kennzeichnet im nordischen Jahreskreis den Winterbeginn. Die Ernte ist eingefahren, wir müssen sie jetzt aber noch verarbeiten und haltbar machen für die kalte
Zeit. Es gilt weitreichende Entscheidungen zu treffen, was bleibt und was gehen muss .. so heißt der November denn auch 'Blutmond', weil alle Tiere, die unsere Ahn:innen nicht
durch den Winter bringen konnten, geschlachtet wurden. Und was jetzt noch an Früchten und Kräutern draußen zu finden ist, das gehört nach dem Fest den Naturgeistern und ist ab
da tabu, es ist „puk“.
Lassen wir uns auf die Energie dieser Zeit ein, spüren wir das Ausatmen der Göttin, der Mutter Erde, die sich darauf vorbereitet, bis zum Frühjahrsfest, dem Disablót (unsere
keltischen Verwandten feiern um diese Zeit dann Imbolc) zu ruhen und Kraft zu schöpfen. Die Zugvögel verlassen unsere Breitengrade und viele unserer Tiervettern ziehen sich
mehr und mehr in ihre Winterbaue zurück; das Land verliert in einem letzten Rausch seine Farben, es wird kalt und grau um uns herum. Es tut unserer Seele gut, wenn wir
zusammen mit dem Land und ihren Geistern zur Ruhe kommen und unseren winterlichen Rhythmus finden. All die Bücher, die wir dieses Jahr eigentlich lesen wollten, all die
Holzarbeiten und Basteleien, die liegen geblieben sind, die Bilder, die gemalt werden wollen, die Geschichten, die erzählt und aufgeschrieben werden sollen – jetzt kommt ihre
Zeit.
Die Feier des Samhain hat in verschiedenster Gestaltung als Feier zu Ehre der Toten überlebt. In Schottland, Irland und Wales, sowie im gesamten keltischen Siedlungsraum, fand
das "Féile na Marbh" ("Feier der Toten") an Samhain statt. Im Zuge der Christianisierung wurde das Fest zu Allerheiligen am 1. November, gefolgt von Allerseelen am 2.
November. Dementsprechend wurde der 31. Oktober zum Vorabend von Allerheiligen ("All Hallow's Eve") und die Überbleibsel des ursprünglichen Festes verwandelten sich in das
moderne weltliche Fest Halloween. Gemeinsam ist das Wissen darum, dass in dieser Nacht die Seelen unsere Ahn:innen und derer, die noch nicht geboren sind, auf Erden wandeln,
um uns zu besuchen. Wir stellen Lichter in die Fenster um ihnen den Weg nach Hause zu leuchten und wir legen an festlichen Tafeln für sie Gedecke auf, um gemeinsam mit ihnen
zu speisen und zu feiern. Gleichzeitig sorgen wir mit grässlich-gruseligen Wächtern (geschnitzt aus Rüben und amerikanisch modern: Kürbissen) dafür, dass die [wegen der
offenen Tore zwischen den Welten] ebenfalls umherziehenden Horden von Quälgeistern und Störenfrieden abgeschreckt werden und unser Heim nicht betreten können.
Dieses Jahr hatte ich für meinen Teil bereits hinreichend „Horror“ und verzichte darauf. Es wird viel darüber geschrieben, dass Covid uns entschleunigt hätte – ich für meinen
Teil habe das nur ganz zu Beginn der Pandemie erlebt und es dann mehr als eine Verschiebung von Stress und Druck aus dem Außen ins Innen empfunden. Die Unwägbarkeiten im
gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich wirkten in weiten Teilen der Gesellschaft emotional und psychisch destabilisierend, gleichsam (unbewusst)
todes-angst-auslösend, was im digitalen und öffentlichen Raum die bekannten erschreckenden Blüten getrieben und den Faschisten in die Hände gespielt hat. Jetzt kommt jedoch
die Zeit im Jahr, wo die Begegnung mit dem Tod ihren geheiligten Raum hat, wo sie in Dankbarkeit für das Leben und auf festliche Art und Weise, z.B. im Ritual oder Blót, und
in Gemeinschaft mit unseren guten Ahn:innen stattfinden kann. Eine heilsame, erdende und rück-verbindende Erfahrung.
Das nordische Fest zur Winternacht entspricht nicht 1:1 dem keltischen Samhain, aber auch beim Vetrnóttablót begegnen wir dem Tod :: einerseits symbolisiert durch die Ernte,
die wir eingeholt haben und das Vieh, das wir schlachten werden. Andererseits durch das Ahnengedenken - wir würdigen dabei all unseren Ahn:innen :: die des Landes, die des
Blutes und die des Geistes. Besonders ehren wir diejenigen, die uns in diesem Jahr vorausgegangen sind in die Anderswelten. Die dritte Begegnung mit dem Tod liegt im Abschied
vom Sommer selbst, im Sterben der Natur um uns herum und in der Frage, was in uns sterben muss, damit wir Frieden und Ruhe finden und selbst neue Kraft für ein neues Jahr
schöpfen können.
Falls Du Gött:innen zu Deinem Winternachtsfest anrufen möchtest, dann könnten das gut Freyr, Odin und Ullr und/oder Sif, Hel und Skadi sein .. zum Dank für die Ernte, aus
Respekt vor dem Tod und zur Begrüßung des Winters.
Ich wünsche Dir und mir und all unseren Lieben, wo auch immer sie jetzt sein mögen, eine gesegnete Winternacht, ein berührendes Samhain.
All Deine guten Götter mit Dir!
Urs Grágás Bärenkräfte Barth